Friedenserklärungen der Stadt Linz ab 2021
Mit der Friedenserklärung 2024 möchten wir einen Appell an alle Linzer*innen, an alle Menschen in Österreich und an die Menschen weltweit richten:
- an jede*n einzelne*n – denn Frieden ist bedeutsam in jedem Lebensbereich unserer Gesellschaft – in Freundschaften, Partnerschaft, Familie, Schule, Beruf und Freizeit,
- an die politischen, gesellschaftlichen, kulturellen und religiösen Verantwortungsträger*innen – mit ihrem Einsatz für Frieden und Menschenwürde einzutreten.
Das Jahr 2024 ist ein Wahljahr in Österreich und damit Beweis für eine lebendige, liberale und repräsentative Demokratie. Diese prägt die Österreicher*innen, sie bestimmt ihre soziale und kulturelle Identität. Demokratie gerät nicht in Gefahr, wenn wir alle die Menschenrechte und Grundrechte, die demokratischen und verfassungsrechtlichen Grundregeln achten. Diese fordern von allen Menschen, das Gemeinsame in der Diversität zu suchen, und können somit Ausgangspunkt für gemeinsames Handeln und Leben sein. Das fordert auch Achtung der Menschenwürde und Toleranz.
Den Prinzipien der Menschenrechte und der Rechtsstaatlichkeit stimmen wir zu und orientieren uns daran im gesellschaftspolitischen Handeln. Dies wird auch durch die Linzer Friedensfahne sichtbar, die das Gemeinsame vor das Trennende stellt. „Together for peace“ – diese Fahne vor dem Alten Rathaus ist ein Symbol für Frieden und Menschenrecht. Sie weist auf staatlicher Ebene hin auf das Völkerrecht – auch im Krieg, auf Freiheit, Gleichheit und Mitmenschlichkeit. Der Internationale Tag des Zusammenlebens in Frieden (International Day of Living Together in Peace) unterstreicht einen UN-Beschluss mit dem Motto: „Vereint in Unterschiedlichkeit und Vielfalt“. Dies meint, dass es beim friedlichen Zusammenleben darum geht, sowohl Unterschiede zu akzeptieren und die Fähigkeit zu haben, anderen zuzuhören, sie anzuerkennen, zu respektieren und wertzuschätzen. Es geht um Menschenwürde, um die universellen Menschenrechte. Frieden in der Stadt Linz und Frieden in der gesamten Welt. Die Linzer Friedensfahne ist ein Zeichen gegen Krieg, gegen Geiselnahme, gegen Ungerechtigkeit und Unmenschlichkeit. Wir begrüßen ebenso den Einsatz einer Historiker*innen-Kommission zur Prüfung der Idee einer temporären künstlerischen Visualisierung am Balkon des Alten Rathauses als Symbol des Friedens.
Wir haben heuer der Ereignisse im Jahr 1934 gedacht, in dem österreichische Staatsbürger*innen aufeinander geschossen haben. Bei allem Trennenden mahnt dieses Geschehen heute zu Abkehr von Aggression hin zu friedvollem Umgang miteinander. Es fordert auf, die Gedanken, Emotionen und Handlungen anderer Personen und Gruppen zu „verstehen“ (vgl. Max Weber) und verlangt nach „Ambiguitätstoleranz, indem Widersprüchlichkeiten im Umgang mit anderen ausgehalten werden und nicht zum Abbruch der Beziehung führen“ (vgl. L. Krappmann: Soziologische Dimensionen der Identität, 1988). Daran erinnert das Mahnmal für aktive Gewaltfreiheit vor dem Neuen Rathaus. In Beziehung zu anderen zu treten, verlangt zu wissen, wer man ist (personale, Ich-Identität), verlangt aber auch zu wissen, welche sozialen Identitäten jede*r hat. Eine Überbetonung der Identität des Einzelnen kann zu Egoismus und Narzissmus führen, eine zu starke Akzentuierung der kollektiven Identität (Wir-Identitäten) zu Nationalismus (vgl. F. Fukuyama: Identität, 2020). Um beide Pole im Zuge der Persönlichkeitsbildung (in Familie, Schule, Jugendgruppe, Kirche) auszubalancieren, bedarf es pädagogischer Maßnahmen in und durch unsere gesellschaftlichen Institutionen (Bildungseinrichtungen, Bibliotheken, Kulturzentren, Volksgruppen u.a.).
Im Fokus des Linzer Gemeinderats stehen die Lebensbedingungen der Linzer*innen. Es sind deren sozialen Bedürfnisse, ihre Wohnsituation, ihre städtische Umwelt. Sie sollen sich frei und sicher vor Gefahren in ihrer Stadt bewegen können. Wir legen Wert auf Begegnungszonen im öffentlichen Raum. Persönlicher Dialog und menschlicher Kontakt schaffen Wohlfühlräume und Oasen menschlicher Begeg-nung. Dabei sind wir auch verantwortlich für eine städtische Klimapolitik, die das Menschenrecht auf Klimaschutz ernst nimmt, z.B. durch eine Baumoffensive, Förderung des öffentlichen Verkehrs, Geh-wege-Gestaltung, Parksanierung, Verminderung der Lichtbelastung u.a. (vgl. dazu: Nachhaltigkeitsbe-richt Linz 2023. Siehe auch Punkt 17 Sustainable Development Goals; Linz auf dem Weg zu einer wirk-lichen „Smart City“).
Klimaschutz-Maßnahmen in der Stadt Linz weisen auch auf die globale Bedeutung von Klimaschutz hin. Maßnahmen zur Reduktion der Klimaveränderung helfen, das Leid der Klima-Migration zu mindern. In Linz treffen unterschiedliche Identitäten aufeinander. Dazu heißt es auf linz.at im Bereich Migration und Kultur: „Zuwanderung führt zu einer Vervielfältigung der kulturellen Zugänge, da viele Migrant*innen durch ihre Herkunftskultur andere kulturelle Verständnisse, Interessen und Bedürfnisse mitbringen. (…) ‘Kultur für alle‘ zielt genau auf diesen Abbau von Barrieren, die Demokratisierung des Kulturbetriebs, aber auch auf Chancengleichheit.“ Das verlangt nach Integration, nicht Assimilation. Der nunmehr seit 10 Jahren ausgelobte Preis „Stadt der Vielfalt“ für Integration und Interkulturalität ist eine Würdigung der Arbeit von NGOs und Bildungseinrichtungen in diesem Bereich und zeigt, dass in einer Stadt der Vielfalt Diversität als wertvoll gesehen wird. Wir müssen global denken, aber lokal handeln!
Selbstverständlich sehen wir auch die Nöte der Linzer*innen, die belastet sind durch gestiegene Lebens-mittelpreise und Energiekosten. In Notsituationen steht Hilfe für Menschen in besonderen sozialen Lagen bereit. Wir sorgen uns um die individuelle und die soziale Sicherheit, um die medizinische Versorgung und um die Pflege im Alter. Dabei wollen wir die vielen Organisationen in Linz in ihren Angeboten an die Bevölkerung unterstützen. Sie bauen Brücken zwischen unseren Bürger*innen und auch Nicht-Österreicher*innen. Sie kümmern sich um Existenzsicherung und um das Gemeinwohl. Formate wie das „Expats Café“ der Stadt Linz, das ausländische Arbeitskräfte (Expats) dabei unterstützt, in Linz anzukommen, ist eine Maßnahme, um Fachkräfte dauerhaft in der Stadt zu halten.
Mit Sorge sehen wir die Entwicklung von abgeschotteten Gruppen, nicht nur hinsichtlich der sozioökonomischen und kulturellen Herkunft der Linzer*innen, sondern auch hinsichtlich der Nutzung von Social Media. Natürlich kann man sich global vernetzen – auch bei Friedensthemen – und bei aktuellen Ereig-nissen auf dem Laufenden bleiben – das bedeutet Öffentlichkeit! Wenn allerdings zunehmend Fake News und Hassbotschaften gesellschaftliche Randgruppen entstehen lassen, weil man sich nur noch in der „eigenen Blase“ aufhält, dann hat soziale Wirklichkeit nichts mehr mit Realität zu tun, sondern widerspie-gelt parallele Scheinwelten.
Die genannten positiven Maßnahmen und Bemühungen sollen nicht darüber hinwegtäuschen, dass wir in Österreich, Europa und weltweit von Kriegen und Konflikten umgeben sind.
Wir appellieren an alle politischen Entscheidungsträger*innen – auch an die Politik in Österreich – mitzuhelfen, Kriege und Menschenrechtsverletzungen zu beenden und zur Diplomatie und Verhandlungen zurückzukehren mit dem Ziel, keine weitere Entmenschlichung und Gewalt zuzulassen. Dies zu tun, for-dert auch die österreichische Neutralität. Friede und gegenseitige Achtung statt Waffenproduktion und Gewalt! Nicht nur unsere Demokratien sind in Gefahr, ein weltweiter Friede ist in Gefahr, in menschlichem Leid und Not unterzugehen. Es gilt an Bertha von Suttner zu erinnern: „Die Waffen nieder!“ (1905). Ihre Friedens- und Abrüstungsforderungen fanden breite gesellschaftliche Resonanz. Dies veranlasst uns, gegen weitere Polarisierung, gegen Gewalt in der Sprache und gegen Entmenschlichung aufzutreten. Bei allem politisch fairem Wettstreit möchten wir in Frieden miteinander leben.
Für den Gemeinderat der Stadt Linz, September 2024
Die Friedenserklärung der Stadt Linz 2023 möge eine Grundlage für die Arbeit des Gemeinderates der Stadt Linz sein. Sie stellt ein politisches Bekenntnis der Friedensstadt Linz dar, als Werkzeug, Leitfaden und Orientierungshilfe in einer Zeit ständigen gesellschaftlichen Wandels. Sie ist ein unter-stützendes Werkzeug für Friedensmaßnahmen, Klimaschutz und demokratische Prozesse. Damit stärkt sie politische Entscheidungen und trägt zu Nachhaltigkeit in den gegenwärtigen Transformationsprozessen unserer Gesellschaft bei – auch in der Stadt Linz.
Krieg auf europäischem Boden in der Ukraine
Seit mehr als einem Jahr herrscht in der Ukraine Krieg – eine humanitäre Katastrophe mit vielen Toten unter Soldat*innen und auch in der Zivilbevölkerung. Wir fordern ein Ende des Krieges. Der Sterben der Menschen durch Krieg und die Zerstörung der Infrastruktur müssen so rasch als möglich aufhören.
Wir begrüßen jede Friedensinitiative besonders unter der Schirmherrschaft der UNO oder der OSCE in Wien. Die Bedeutung dieser Organisationen für friedliche Kooperation soll damit gestärkt und als wichtige Elemente der Friedensarbeit betont werden. Damit soll nicht nur der Krieg, sondern auch die schreckliche Aufrüstungsspirale enden, mit der aktuell die Logik von Gewalt alles politische Handeln und gesellschaftliche Denken dominiert. Gleichzeitig ist dies eine bedeutsame Maßnahme gegen die weltweite Verschwendung von Ressourcen und Klimaschädigung.
Wir begrüßen die Maßnahmen zur Aufnahme von Geflüchteten und Vertriebenen in unserer Stadt und unterstützen deren gesellschaftliche Integration in den Bereichen Wohnen und Arbeit. Solidarität mit diesen Menschen zeigt sich in freundlichem Umgang, positiver Betreuung und Unterstützung.
In diesem Sinne bedarf es auch in Österreich öffentlicher Friedensarbeit. Sie ist bedeutsam, vor allem in den Medien und auch im politischen Diskurs. Wir unterstützen alle Maßnahmen, die es zum Ziel haben physische, psychische und soziale Gewalt zu verhindern, besonders im Bereich der Bildung und der Integration in die Arbeitswelt.
Klima – Veränderung unseres Lebensraumes
Die Ausbeutung und Verschwendung von Ressourcen und die Verschmutzung von Atmosphäre, Land und Wasser verändern weltweit die Lebensbedingungen bis hin zur Existenzbedrohung. Die Weltbevölkerung ist von der Klimakatastrophe in unterschiedlicher Weise betroffen. Die damit ein-hergehende soziale Ungleichheit ist menschenunwürdig.
In der Klimastrategie treten wir in Linz für eine lebenserhaltende, ökonomische Entwicklung ein, die Ressourcen schonend an die Zukunft der nächsten Generationen denkt und verantwortungsvoll mit dem Leben künftiger Generationen umgeht. Egoistisches Streben nach Mehr – nur Wachstum – darf nicht handlungsleitendes Prinzip sein. Ein Umdenken jetzt ist lebensrettend für die uns folgende junge Generation. Damit ein gutes Leben für alle möglich wird, braucht es ein Handeln, das individuelle und soziale Bedürfnisse mit der Natur im Gleichgewicht sieht.
Die Klimastabsstelle der Stadt Linz versteht sich als Anlaufstelle für klimarelevante Anfragen von Bürger*innen. Ein besonderes Angebot der Klimastabsstelle ist „Klimawandel-Bildung“ an Linzer Schulen. Klimawandel und dessen Auswirkungen sind auch in Linz Realität. Der Klimafonds der Stadt Linz ist jährlich mit einer Million Euro dotiert. Projektvorhaben mit Schwerpunktsetzungen zu Klimaschutz, Klimawandelanpassung und nachhaltiger Entwicklung sollen mit diesem Sonderbudget unterstützt werden.
Klimaveränderung und die damit verbundenen negativen Auswirkungen auf die Grundlagen menschlichen Lebens (Hunger, Wasserknappheit, Dürre etc.) sind mit Ursache für Migration. Menschenverachtender Umgang mit Migrant*innen löst soziale Konflikte aus und gefährdet den sozialen Frieden – auch in unserer Stadt.
Im Klimawandelanpassungskonzept und in der Klimastrategie der Stadt Linz werden konkrete Maß-nahmen und Handlungen festgelegt und gefordert, um die notwendige Resilienz der Bürger*innen zu erreichen. Die Förderung neuer Technologien (wie z. B. Technologien auf Wasserstoffbasis) soll in der vorliegenden Klimastrategie zu Lösungen beitragen.
Linz als Industrie- und Kulturstadt bedarf der Nachhaltigkeit besonders in der Wohnbauentwicklung und der persönlichen Mobilität. Zwei Lebensbereiche, die Zugehörigkeit und Lebensfreude in Linz fördern.
Demokratiepolitische Maßnahmen und Schwerpunktsetzungen
Besonders unsere jüngere Generation spürt eine Bedrohung ihres künftigen Lebens und setzt Handlungen, die es wert sind, dass ihre Intentionen bedacht werden. Partizipation, verschiedene Formen von Bürger*innenbeteiligung an Klima- und städtebaulichen Maßnahmen sollen durch niederschwellige Aktionen ermöglicht werden. Kooperative Verfahren sowie eine offene, transparente und partizipative Vorgehensweise sind sinnvolle Strategien. Diese sind Investitionen in die Zukunft unseres Lebens und somit ein demokratiepolitisch wichtiger Beitrag zu mehr Bürger*innennähe der Stadt-Politik.
Durch die vorliegende Friedenserklärung möchten wir unsere gemeinsamen Bemühungen für ein friedliches, nachhaltiges und demokratisches Leben der Bürger*innen in der Stadt Linz bekräftigen.
Für den Gemeinderat der Stadt Linz, September 2023
Es ist ein Paradoxon unserer heutigen Gesellschaft, dass wir in einer Zeit der Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen leben (Ernst Bloch): in einer Welt des Wissens und in einer Welt der Annahmen. Dies führt zu
Spaltungen in uns selbst, aber auch in der Gesellschaft. Dennoch sind diese überwindbar: durch Dialog, Akzeptanz des Anderen, gewaltfreie Kommunikation und Konfliktlösungsmethoden.
Dazu soll diese Friedenserklärung einen Beitrag leisten:
Lob und Anerkennung der Zivilgesellschaft
Wir sind stolz auf die aktive, gesellschaftliche Teilhabe unserer Bürger*innen. Von ihnen gehen u.a. in den Bereichen Ökologie, Migration, Gesundheit und Integration verschiedene Aktionen aus. Sie agieren auf unterschiedliche Weise durch Initiativen, Hilfen, Verteilungsaktionen, Sammlungen, Bazare und Solidaritätskundgebungen. Besonders diejenigen, die ehrenamtlich tätig sind, verdienen unsere Anerkennung, und Organisationen, die einen Mehrwert für unsere Gesellschaft erbringen, gehören vor den Vorhang. Partizipative Demokratie braucht Engagement, Dialog, ein sich Auseinandersetzen auch mit anderen Positionen und Einstellungen, um einander besser zu verstehen. Niederschwellige Angebote zum Gespräch wie Ombudsstellen, On/off-Plattformen, Nachbarschaftscafès etc. sind hier hilfreich und zielführend. Gespräch reduziert Gewalt und lässt zu gemeinsamem Handeln finden.
Linzer Erinnerungszeichen für Opfer des Nationalsozialismus
Während der Sommermonate wurden im Linzer Stadtraum 17 Messingstelen als permanente Erinnerungszeichen errichtet, die ein personalisiertes Gedenken an Opfer des Nationalsozialismus ermöglichen, insbesondere als Erinnerung an vertriebene und ermordete Linzer Jüdinnen und Juden. Der Künstler Andreas Strauss stellt die Klingel als mehrdeutige Metapher des Erinnerns ins Zentrum seiner Gestaltung. Die Klingeln als interaktives Element der Stelen entwickelte und fertigte er gemeinsam mit Lehrlingen des Ausbildungszentrums der voestalpine.
Klimaveränderung: Die Klimastrategie der Stadt Linz
Der städtische Klimafonds sorgt seit 2020 für eine Reihe innovativer Klima-Projekte: Klimaschutz durch aktive Mobilität zu Fuß und per Fahrrad, klimafreundliche Erneuerung von bestehenden Wohnanlagen sowie klimafreundliche Ernährung in den Schulen. Weiters werden Maßnahmen zur Kühlung städtischer Hitzeinseln umgesetzt. Begrüßenswert sind auch Verbesserungen beim Tierschutz wie der Schutz der vielen in Linz lebenden Wildtiere z.B. durch intelligente Formen der Beleuchtung und reduzierte Leuchtreklame bei Nacht.
Alle diese Initiativen dürfen nicht isoliert von den Bauvorhaben in unserer Stadt gesehen werden bzw. von Maßnahmen zur Regulierung des privaten und öffentlichen Verkehrs im Rahmen der Mobilitätszukunft wie die durchgängige Planung eines Radwegekonzepts und seine Umsetzung. Solche Projekte müssen klimaneutral gestaltet werden. Auch der Schutz des Grüngürtels der Stadt und ein Stopp der Versiegelung wertvollen Bodens sind zur Erhaltung von Biodiversität wichtig.
Zentral ist darüber hinaus die besondere Rolle beim Klimaschutz, die Linz als Industriestadt innehat. Klimaschutz und Industrie können in einer Stadt wie Linz nur gemeinsam gedacht werden. Ziel muss es sein, die Betriebe noch stärker umweltfreundlich zu machen, dabei jedoch ihre Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten. Ökologische Innovationen sichern Arbeitsplätze, was wiederum den Erhalt der sozialen Sicherheit und des sozialen Friedens zur Folge hat.
Ziel des Klimaneutralitätskonzepts der Stadt Linz ist es, im eigenen Wirkungsbereich die kommunalen Treibhausgasemissionen möglichst rasch zu reduzieren und langfristig, d.h. vor 2040 weitgehend zu beseitigen.
Klimaneutralität wird aber nur gelingen, wenn alle Ebenen, also Gemeinden, Land, Bund und EU an einem gemeinsamen Strang ziehen. Besonders aber dann, wenn jede*r dazu einen Beitrag leistet.
Die Linzer Stadtklimaanalyse bildet den Ist-Zustand ab und ist Grundlage für eine klimabewusste Stadtentwicklung. Darauf aufbauend wird ein Klimawandelanpassungskonzept entwickelt, an dem viele Bereiche der Stadt wie Planung, Verwaltung, Daseinsvorsorge und Linzer Bürger*innen teilhaben.
Es ist eine zentrale Aufgabe der Stadt Linz, die Bevölkerung auf kritische Ereignisse im Zusammenhang mit Extremwettersituationen (Hagelstürme, Zunahme von Tropennächten), Wasserknappheit, Ausfällen von Versorgungsketten und zunehmendem Migrationsdruck vorzubereiten, damit Linz eine lebenswerte Stadt bleibt.
Ablehnung von Krieg, Erhalt der Demokratie und menschliches Miteinander
Der verheerende Krieg – der Angriff Russlands auf die Ukraine – hat uns gezeigt, wie verletzlich Friede ist. Als Friedensstadt verurteilen wir jegliche Kampfhandlungen. Denn Krieg bedeutet, dass unschuldige Menschen getötet, ermordet, gefoltert, vergewaltigt, geschändet und ihrer Zukunft beraubt werden. Frauen, Kinder und ältere Menschen werden mit äußerster Brutalität behandelt, müssen aus ihrer Heimat fliehen und in anderen Ländern Asyl und Schutz suchen. Es ist unsere Menschenpflicht, Flüchtende aufzunehmen und zu betreuen. Dabei ist auf Gleichbehandlung aller vor Krieg, Verfolgung und Lebensbedrohung flüchtender Menschen zu achten.
Wir verurteilen den Angriff Russlands auf die Ukraine aufs schärfste. Er ist ein Verstoß Russlands gegen das humanitäre Völkerrecht. Wir fordern einen sofortigen Waffenstillstand und den Rückzug der russischen Armee aus dem souveränen Staat Ukraine. Nur dadurch ist eine Wiederherstellung der Souveränität des demokratischen Staates Ukraine möglich.
Die Auswirkungen des Krieges in der Ukraine auf Europa und somit auch auf die Bevölkerung Österreichs und der Stadt Linz sind gewaltig und vielfältig. Wir sind nicht ohnmächtige Zuseher*innen, wir helfen den Flüchtenden, sehen Chancen, den Friedensprozess wieder in Gang zu setzen, und bereiten Maßnahmen zur Unterstützung des Wiederaufbaus vor.
Die Pandemie und ihre sozialen und gesellschaftlichen Folgen
Die Corona-Pandemie stellt nicht nur eine gesundheitliche, sondern auch eine soziale und gesellschaftliche Bedrohung mit viel Spaltungspotential dar. Nach 30 Monaten Pandemie prägen neben Hilfsmaßnahmen und Unterstützungen auch Egoismen und Schuldzuschreibungen unser gesellschaftliches Leben. Entsolidarisierung ist die Folge. Daher sind Maßnahmen zur Entspannung sowie zum Dialog zu setzen und im Gespräch zu bleiben trotz gegensätzlicher Sichtweisen. Dabei sind zusätzlich die unterschiedlichen sozialen und kulturellen Erfahrungen zu berücksichtigen. Der Umgang mit sozialer und kultureller Diversität führt leicht zu Missverständnissen und Spannungen, bereichert jedoch gleichzeitig durch Vielfalt. Die Herausforderungen haben vor Augen geführt, wie wichtig es ist, klar und deutlich zu kommunizieren und widersprüchliche Aussagen zu vermeiden.
NS-Verharmlosung bei Demonstrationen
Der Umstand, dass zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie einzelne Maßnahmen ergriffen wurden und werden wie z. B. Ausgangssperren oder Eintrittskontrollen, dienen manchen "Maßnahmenkritiker*innen" als Beleg dafür, dass "die Geschichte" sich wiederhole. Dabei wird auch auf die Verfolgung, Vertreibung und Ermordung von Jüd*innen, also auf die Shoah, Bezug genommen. Hier ist der Verfassungsschutz gefragt und es zeigt einmal mehr, wie notwendig Aufklärung und Bildung in Bezug auf Verharmlosung von NS-Verbrechen und Antisemitismus sind.
Rassismus (vgl. die Erklärung zum Selbstverständnis der Friedensstadt Linz vom März 2008):
Strukturellen Rassismus gibt es auch in Linz: sei es im öffentlichen Raum oder in der Nachbarschaft, Diskriminierung bei der Wohnungs- oder Arbeitssuche, mangelnde Repräsentation in der Öffentlichkeit, Ungleichbehandlung bei Asylwerber*innen sind Beispiele dafür. Menschen, die Rassismus, Antisemitismus oder andere Diskriminierungserfahrungen und Unterdrückungsformen erleben, brauchen deshalb unsere Unterstützung und unseren Schutz. Wichtig ist, dass ein geordnetes und friedliches Zusammenleben der in unserer Stadt lebenden Menschen für alle möglich ist. Es liegt auch in der Verantwortung des Gemeinderats, strukturellen Rassismus und Antisemitismus einzudämmen und Maßnahmen dagegen zu setzen.
Für den Gemeinderat der Stadt Linz, September 2022
COVID-19 Pandemie
Die Stadt Linz hat während der COVID-19-Pandemie zahlreiche Maßnahmen getroffen, um ihre BürgerInnen zu unterstützen. Der „Pakt für Linz“ stellt eine wichtige Maßnahme gegen Arbeitslosigkeit und somit zur Sicherung des sozialen Friedens dar. Damit soll ein Beitrag geleistet werden, die gravierendsten Folgen der Corona-Pandemie für die Menschen und die Wirtschaft unserer lebenswerten Stadt Linz abzufedern.
Die psychischen Belastungen infolge der Corona-bedingten Einschränkungen in allen Altersgruppen, besonders auch bei jungen Menschen, sind seit dem letzten Jahr erheblich gestiegen. Wir bedanken uns erneut bei unseren MitbürgerInnen, die in den vergangenen Monaten zum mitmenschlichen Zusammenhalt beigetragen und sich z.B. um ältere und andere besonders bedürftige Mitmenschen gekümmert haben. Unser Dank gilt auch jenen zahlreichen „systemrelevanten“ Personen, die in den vergangenen Monaten durch ihren beruflichen Einsatz in besonderer Weise an vorderster Stelle und mit großem Risiko für das Wohl der Gesamtgesellschaft tätig waren.
Leider wurden hier und da auch andere Verhaltensweisen sichtbar – wie Ausbeutung und Ungerechtigkeit. „Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde“. Dieser Kant’sche Imperativ erscheint aktueller denn je.
Die COVID-19-Pandemie hat uns vor Augen geführt, wie eng wir nicht nur innerhalb Europas, sondern auch global vernetzt sind. Die sozialen, politischen und wirtschaftlichen Probleme in anderen Ländern, die viele Millionen Menschen in die Flucht treiben, können – ja dürfen – nicht ignoriert werden.
Eine Eindämmung der Pandemie einschließlich der Virus-Mutationen wird nur dann möglich sein, wenn sie weltweit geschieht. Die noch nicht hinreichend entwickelten Länder dürfen nicht von der Durchimpfung ihrer Gesellschaften ausgeschlossen werden. Wenn Pharmafirmen die Ergebnisse ihrer Forschung teilen, können Impfstoffe rascher in verschiedenen Teilen der Welt produziert und zu den Menschen gebracht werden. Wir unterstützen daher den Appell von Amnesty International an die Pharmafirmen, ihre Expertise zu teilen.
Arbeitslosigkeit
Die Zahl der Arbeitslosen hat seit der Friedenserklärung 2020 infolge der Corona-Krise weiterhin zugenommen und erreichte mit einer durchschnittlichen Quote von 11 Prozent den hoffentlich absoluten Höhepunkt. Bei den Zugewanderten ist der Anteil an Arbeitssuchenden beinahe doppelt so hoch wie bei den Einheimischen. Im Februar 2021 waren in Linz-Stadt 11.185 Menschen arbeitslos gemeldet, um 27 % mehr als genau ein Jahr zuvor. Die Zahl der arbeitslosen Männer ist innerhalb der letzten 12 Monate um 25 % gestiegen, die der arbeitslosen Frauen um 30 %.
Diese Auswirkungen der Pandemie erfordern konkrete und zielführende Maßnahmen, um einen Wiederaufbau der Wirtschaft zu schaffen und Arbeitsplätze zu sichern. Mit dem „Pakt für Linz“ haben wir ein starkes und wichtiges Investitionspaket geschnürt, um auf städtischer Ebene der Corona-Krise entgegenzuwirken. Darin sind fünf Millionen Euro für Investitionen bei städtischen Kultureinrichtungen als auch bei freien Kulturinitiativen enthalten. Denn eine lebendige Kunst- und Kulturszene ist eine wesentliche Voraussetzung für die Zukunft von Linz als Tourismus- und Kreativstandort.
Wir begrüßen es, dass die Stadt Linz auf diese Weise dazu beiträgt, entstandene Not abzuschwächen.
Klimaveränderung – Migration und Flucht
Uns ist bewusst, dass die Klimakrise, wenn wir sie nicht rasch eindämmen, unsere Kinder und Kindeskinder noch erheblich mehr belasten wird, als es derzeit die Corona-Pandemie tut. Steigende Temperaturen und Dürren sind heutzutage schon Ursachen von Migrations- und Fluchtbewegungen und verschärfen soziale Konflikte in Ländern des Globalen Südens. Indem wir Linz zur Klimastadt erklärt und geeignete Ressourcen (Klimabeirat, Stadtklimakoordinator und Stadtklimatologe) sowie einen städtischen Klimafonds zur Finanzierung von Klimaprojekten geschaffen haben, wurden wichtige, erste Schritte in die richtige Richtung gemacht. Um der Klimakrise lokal bestmöglich entgegensteuern zu können, muss auf diesen und anderen Ressourcen weiter aufgebaut werden. Denn Klimaschutz ist nicht nur eine Umweltschutzfrage, sondern ebenso eine Frage der Generationengerechtigkeit. Auch übernehmen wir mit einem klimafreundlichen Lebensstil Verantwortung gegenüber jenen Menschen, die an weniger privilegierten Orten leben und akut vom Meeresspiegelanstieg oder anderen Auswirkungen des Klimawandels bedroht sind. Es wird allerdings ganz wesentlich darauf ankommen, ob aus den Ergebnissen dieser Stadtklima-Analyse verbindliche Handlungsanleitungen für eine nachhaltige Stadtplanung getroffen werden können.
Bei allen städtischen Klima-Maßnahmen ist darauf zu achten, dass sie sozial ausgewogen und nachhaltig sind. Zentrales Instrument ist die Verkehrspolitik und eine langfristig gedachte Stadtplanung, die auch die Umlandgemeinden in die Entwicklung eines zusammenhängenden Lebensraumes einbezieht. Ebenso gilt es, schonend mit Grund und Boden umzugehen.
Linz muss die stärkste Industriestadt bleiben und gleichzeitig bis 2040 klimaneutral werden. Diese Vision kann nur dann realisiert werden, wenn man den Klimaschutz in allen wichtigen Entscheidungen und Planungen verbindlich einfließen lässt. Linz braucht daher einen klaren Fahrplan zur Dekarbonisierung, mit konkreten Zielvorgaben und wirksamen Maßnahmen, die dabei helfen sollen die CO2-Einsparungspotentiale im eigenen Wirkungsbereich auszuschöpfen. Ähnlich wie bei COVID-19 gilt es nun, die städtische Emissionskurve so schnell wie möglich zum Sinken zu bringen. Zuletzt begrüßen wir, dass derzeit mit der Stadtklimaanalyse und der Baumpflanzoffensive an der Kühlung der Stadt gearbeitet wird.
Atomkriegsgefahr
Seit 1945 sind der Menschheit die Gefahr und die Konsequenzen eines Atomkrieges bewusst. Deshalb ist es sehr erfreulich, dass im Jänner dieses Jahres nach langen Verhandlungen ein internationaler Vertrag im Rahmen der UNO über das Verbot von Atomwaffen in Kraft treten konnte. Dieser Atomwaffen-Verbotsvertrag ist nun immerhin Teil des Völkerrechts und wir hoffen sehr, dass er nicht nur präventiv seine Wirkung entfaltet, sondern auch zur Abrüstung von Atomwaffen führen wird.
Wir begrüßen auch, dass die USA und Russland den Atomwaffensperr-Vertrag verlängert haben. Dieser Vertrag mit dem Namen "New Start" von 2011 begrenzt die Anzahl der Atomwaffen beider Länder. Ohne Verlängerung wäre er am 5. Februar 2021 ausgelaufen. Sorgen bereitet aber nach wie vor der Ausstieg der USA aus dem multilateralen Nuklearabkommen mit dem Iran von 2016 unter Trump. Wir hoffen sehr, dass unter der Biden-Administration die USA dem Vertrag wieder beitreten werden.
Wir sehen mit großer Besorgnis die Gefahr einer atomaren Auseinandersetzung zwischen Israel und Iran heraufziehen. Wenn es nicht gelingt, den Atomvertrag von 2015 wieder in Kraft zu setzen und es somit zu einer kommunikativen Lösung kommt, besteht die Gefahr, dass Israel präventiv zuschlägt. Denn der Iran, ein erklärter Feind Israels, steht kurz vor der Entwicklung eigener Atomwaffen. Das könnte einen Nachahmungseffekt bei anderen „kleinen“ Atom-Mächten wie Indien, Pakistan und Nordkorea auslösen.
Menschenrechte – Europäischer Aspekt von Ungleichheit
Mit großer Betroffenheit sehen wir die Not der Menschen im Flüchtlingslager Kara Tepe auf der griechischen Insel Lesbos und in Bosnien. Die Lebenssituation insbesondere der Kinder in Kara Tepe ist unerträglich und mit den in Europa geltenden Menschenrechten absolut unvereinbar. Gesamteuropäische, internationale und nationale Lösungen – sowie Hilfe vor Ort – sind dringend erforderlich. Es bedarf der Zusammenarbeit von Politik und Zivilgesellschaft auf allen Ebenen.
Demokratie und Frieden
Die demokratischen Prinzipien gelten in allen Lebensbereichen. Wirtschaft und soziokulturelles Leben besitzen für die Friedensstadt Linz den gleichen Stellenwert. Die Achtung der Würde aller in Linz lebenden Menschen gleich welcher Herkunft und Hautfarbe in der Familie, bei der Ausbildung sowie im Berufsleben und im öffentlichen Raum ist eine wesentliche Voraussetzung des innerstädtischen Friedens. Das gilt für Einheimische genauso wie für Flüchtlinge und Zugewanderte. Die ungelöste Flüchtlingskrise darf nicht zum sicherheitspolitischen, wirtschafts- und sozialpolitischen Problem einiger weniger europäischer Staaten werden.
Religionsausübung und Terrorbekämpfung
Wir legen Wert darauf, alle Religionen gleich zu achten und gegenüber keiner einen Generalverdacht aufkommen zu lassen, selbst dann nicht, wenn einzelne Mitglieder einer Religionsgemeinschaft Gesetze brechen oder sich unter dem Deckmantel der Religion terroristisch verhalten.
Das Gesetz gegen den religiösen Extremismus ist im Terror-Bekämpfungs-Gesetz integriert. Ziel des Gesetzes ist die Verbesserung der Terrorismus-Prävention. Die notwendige Bekämpfung von religiös motiviertem Extremismus mit einer darauf fokussierten Strafbestimmung darf jedoch nicht zu einer Vorverurteilung von Religionen und Diskriminierung von Menschen mit bestimmten religiösen Bekenntnissen führen. Es braucht Respekt gegenüber anderen Traditionen und Religionen und einen freundlich-nachbarschaftlicher Kontakt mit den Menschen, die sich ihnen zugehörig fühlen. Gleichzeitig müssen jedoch auch Probleme klar benannt und Tendenzen zu parallelgesellschaftlichen Strukturen verhindert werden. Aus Anlass des Wiener Terroranschlags im November 2020 bekräftigen wir erneut diesen seit 1986 geltenden Leitsatz der Linzer Stadtpolitik.
Erinnerungszeichen für NS-Opfer
Abschließend möchten wir noch die Erinnerungszeichen für NS-Opfer in Linz erwähnen: Ein Projekt, mit dessen Umsetzung der Künstler Andreas Strauss beauftragt wurde. Die Fertigung der Stelen in der Lehrwerkstätte der VOEST ist im Gange und somit ist noch heuer mit der Aufstellung der ersten Stelen zu rechnen. Dies wird im Rahmen einer würdigen Veranstaltung durchgeführt werden.
Einstimmiger Beschluss in der Gemeinderatssitzung der Stadt Linz am 1. Juli 2021