Jahr der Mobilität 2024 – Linz bewegen „Masterplan Gehen“ nimmt Gestalt an
Im Jahr 2024 werden wesentliche Akzente für die Weiterentwicklung der Mobilität in Linz gesetzt: Die Palette dabei reicht von Projekten für die Verkehrssicherheit, im Besonderen für Kinder und ältere Menschen, über den weiteren Ausbau der Infrastruktur für sanfte Mobilität bis hin zur Inbetriebnahme der neuen Stadtteillinien auf den Pöstlingberg und die Lunzerstraße. Dazu kommen die Beschlüsse der Stadt und die Vereinbarungen mit dem Bund und dem Land, die die Stadtbahn gemeinsam mit der in Planung befindlichen Obus Achse für Linz ermöglichen. Die Fertigstellung der vierten Donaubrücke bei St. Margarethen bringt Verbesserungen für den Radverkehr auf der Nibelungenbrücke in Kombination mit Verkehrsberuhigungsmaßnahmen in der Innenstadt. Das laufende Jahr kann deshalb ohne Übertreibung als Jahr der Mobilität bezeichnet werden.
Eine entscheidende, oft zu wenig beachtete Rolle im Verkehrsgeschehen der Landeshauptstadt kommt der Mobilitätsform „Gehen“ zu. Bereits zu Jahresbeginn wurde auf Initiative von Mobilitätsreferent Vizebürgermeister Magister Martin Hajart deshalb von der Stadt Linz ein Stadtsenatsantrag für einen „Masterplan Gehen“ vorbereitet.
„Sich mit dem Gehen als der natürlichsten und gesündesten Form der Fortbewegung des Menschen verstärkt auseinander zu setzen, macht Sinn. Denn wo Menschen gern und sicher gehen können, ist die Aufenthaltsqualität in einer Stadt höher. Um Maßnahmen zur Attraktivierung dieser neben dem Radfahren wohl umweltfreundlichsten aller Mobilitätsformen zu treffen, bedarf es gemeinsamer Strategien für die Gestaltung des öffentlichen Raums. Gleichzeitig zählen Fußgänger*innen zu den verletzlichen Verkehrsteilnehmer*innen. So muss dem Gehen in unserer Stadt sowohl im Hinblick auf die Motivation, mehr Fußwege im urbanen Raum zurückzulegen als auch im Hinblick auf die Sicherheit der Fußgänger*innen mehr Augenmerk als bisher geschenkt werden. Dies gilt auch im Hinblick auf unsere immer älter werdende Gesellschaft und auf Sitzgelegenheiten, die man oftmals in Linz vergebens sucht“, betont der Linzer Mobilitätsreferent Vizebürgermeister Mag. Martin Hajart. „Das Zu-Fuß-Gehen ist neben dem Fahrradverkehr auch ein wesentlicher Baustein und Hebel, um den Mobilitätsmix in der Stadt zu verbessern. Jede Strecke, die nicht mit dem Auto zurückgelegt wird, ist ein Beitrag zur Reduzierung des Staus."
Aufgrund eines Stadtsenatsbeschlusses im April 2024 wurden daher die Mobilitätsplaner von Rosinak und Partner mit der Erstellung eines Masterplans Gehen beauftragt.
Ziel des Masterplans Gehen ist die Steigerung der Lebensqualität in der Stadt Linz im Zusammenhang mit zu Fuß zurückgelegten Wegen und dem Verweilen entlang dieser Wege im öffentlichen Raum. Das Konzept „Masterplan Gehen“ beinhaltet neben der Analyse des Status Quo bezüglich Zu-Fuß-Gehen die Entwicklung einer Strategie für die Stadt Linz.
Begleitet von einem Beteiligungsprozess mit Einbezug von Stadtverwaltung, Stakeholdern und Politik sollen Leitbilder für die Stadt Linz hinsichtlich Zu-Fuß-Gehen konkretisiert werden.
Auf Basis dieser Leitbilder und der Ergebnisse der Analyse wird ein Soll-Fußwegenetz sowie ein konkreter Maßnahmenplan mit Schwerpunkten erstellt.
Zudem gibt es Fördermöglichkeiten des Bundesministeriums für ein Fußwegekonzept „Masterplan Gehen“, dessen Förderschiene gewisser Voraussetzungen bedarf, die es in der Erstellung des Masterplan Gehen Linz zu berücksichtigen gilt.
Dementsprechend werden inhaltlich folgende Themenschwerpunkte erarbeitet:
- Ist-Analyse „Wie geht Linz derzeit zu Fuß?“
- Zielsetzungen/Leitbilder
- Bestandsanalyse/Schwachstellenanalyse
- Konzept für ein Fußwegenetz auf Basis der Zieldefinition
- Handlungsfelder und ca. 10 Leitprojekte (vornehmlich Infrastrukturmaßnahmen)
Ein Fokus in der Konzepterstellung soll bei den Senior*innen und Aspekten wie Barrierefreiheit, Beschattungen und Sitzgelegenheiten liegen, genauso wird die Kinder- und Jugendmobilität schwerpunktmäßig beleuchtet. Ebenso soll die geschlechtergerechte Gestaltung eine Rolle spielen. Hierbei wird beispielsweise untersucht, wie es mit den jeweiligen Beleuchtungssituationen aussieht und was zur Erhöhung des subjektiven Sicherheitsgefühls bei Zu-Fuß-Gehenden, allen voran bei Frauen, nötig wäre.
In zwei Workshops mit Interessenvertretungen aus der Stadtverwaltung, sowie Stakeholdern aus den Bereichen, Wirtschaft, Tourismus, Interessensvertretungen wie Behindertenverbände am 1. und am 9. Juli dieses Jahres wurden Hintergründe, Analysen und Ziele des Masterplans vorgestellt, evaluiert und weiterentwickelt.
Nach dem nächsten Schritt im Rahmen eines Workshops mit Vertreter*innen der Linzer Stadtregierung im September dieses Jahres sollen anschließend die Ziele und Strategien des Masterplan finalisiert und abgestimmt werden.
Ein wesentlicher Baustein der Konzepterstellung ist neben Stakeholder-Workshops die Ist-Analyse des Fußwegenetzes samt Schwachstellen. Besonderes Augenmerk wird beispielsweise auf die Erreichbarkeit von Bildungs- und Betreuungseinrichtungen, Seniorenwohnheimen, Nahversorgern sowie Erholungsflächen gelegt.
Bis zum Frühjahr 2025 sollen dann die Ergebnisse des Masterplans Gehen vorliegen. Sie werden in unterschiedliche Bereiche einfließen: von der Straßenbeleuchtung bis hin zum Straßenbauprogramm. Ziel ist auch, für Verbesserungen der Infrastruktur für Fußgänger*innen gehenden entsprechende Fördermittel vom Bund zu sichern.
Der Masterplan Gehen soll auch ins Umfeld bestehender Konzepte eingebettet sein, wie das Mobilitätsleitbild „Kumm steig um“, das Verkehrskonzept „Auf die Plätze fertig Linz“! sowie das Klimawandelanpassungskonzept und das Klimaneutralitätskonzept der Stadt Linz. Der Masterplan Gehen soll – auf den Punkt gebracht – eine Strategie für die Umsetzung von Maßnahmen zur Förderung des Zu Fuß Gehens liefern. Die im Rahmen eines Mobilitätskonzepts 2021 definierten Handlungsfelder und Maßnahmen für den Fußverkehr sollen nun im Rahmen des Masterplans Gehen aktualisiert und ergänzt werden.
Der Masterplan Gehen ist eine Voraussetzung für die bundesweite finanzielle Förderung von fußverkehrsfreundlichen Maßnahmen (klimaaktiv mobil Förderschiene).
Strategische Maßnahmen haben einen längeren Planungshorizont (in der Regel zehn Jahre), umsetzungsfähige Maßnahmen sollen innerhalb von drei Jahren zu realisieren sein.
Ausgangslage
Laut Oö. Verkehrserhebung 2022 haben in Linz in den vergangenen zehn Jahren die Anteile des motorisierten Individualverkehrs stark abgenommen und jene des Fuß- und Radverkehrs zugenommen.
In Linz werden knapp 26 Prozent der Wege zu Fuß zurückgelegt. Dieser Wert ist in den vergangenen zehn Jahren um knapp vier Prozentpunkte gestiegen.
Die Stadt Linz möchte das Zu-Fuß-Gehen als natürliche und nachhaltige Mobilitätsform weiter stärken.
Laut den vorliegenden Analysen wird der höchste Fußverkehrsanteil bei den Einkaufs-, Freizeit- und Ausbildungswegen erzielt. Auf kurze Einkaufswege und Alltagswege zu Fuß sind vor allem ältere Personen angewiesen. Kurze und sichere Ausbildungswege zu Fuß sind für Kinder und Jugendliche wichtig.
Ca. sechs Prozent der Wege in Oberösterreich, die mit dem Auto zurückgelegt werden, haben eine Länge unter einem Kilometer – eine Strecke, die man zu Fuß in wenigen Minuten zurücklegen kann. 17 Prozent der MIV-Wege sind nicht länger als 2,5 Kilometer. Es gilt also, Verlagerungspotenziale ausschöpfen.
Ca. 39 Prozent der in Linz zurückgelegten Wege haben eine Länge unter 2,5 Kilometer. Ca. 65 Prozent der Wege sind nicht länger als fünf Kilometer. Daraus folgt: Kurze Wege können bei gut ausgebauter Infrastruktur fast ausschließlich aktiv zu Fuß und mit dem Fahrrad zurückgelegt werden.
Schlussfolgerungen, die aus der Analyse hervorgingen:
Diese beziehen sich auf die Altersstruktur, die Mobilitätskenndaten der Bevölkerung, die Bevölkerungsdichte in den einzelnen Stadtteilen, den jeweiligen Grünlandanteil in diesen Stadtteilen, ebenso wie den stadtteilbezogenen Anteil der Senior*innen sowie der Kinder und Jugendlichen, und natürliche Barrieren, die das Gehen behindern, wie Flussläufe. Ebenso spielen menschengemachte Hindernisse eine Rolle (Autobahnen etc.). Des weiteren sind klimatologische Faktoren, wie der Grünlandanteil oder das Potenzial zur Bildung von Hitzeinseln, zu berücksichtigen.
Auf Basis dieser und anderer Strukturdaten wie dem bestehenden Gehsteig- und Fußwegenetz können Strategien, Maßnahmen und ein Soll-Fußwegenetz für den Masterplan Gehen erarbeitet werden.
Fokusräume
Projektablauf – weiterer Zeitplan
Ergebnisse des Workshops mit Vertretern der Stadtverwaltung:
Im Workshop mit Vertretern der Stadtverwaltung im Juli 2024 wurden die Stärken und Schwächen in Bezug auf das Gehen in der Stadt Linz analysiert, ebenso wie die Ziele, die den künftigen Planungen zugrunde liegen sollen.
Stärken und Schwächen
Stärken
- Teile der Stadt verfügen über ein gute Durchwegung bzw. sind verkehrsberuhigt.
- Die Innenstadt lädt zum Gehen ein.
- Im Umfeld der Innenstadt liegen Erholungsgebiete mit einem ausgedehnten Fußwegenetz.
- Zahlreiche 30er-Zonen erhöhen die Verkehrssicherheit.
Schwächen
- Der Kfz-Verkehr wurde in der Vergangenheit überproportional priorisiert.
- Der Fußverkehr steht mit dem ruhenden Verkehr in einer Konkurrenz um Flächen.
- Barrierefreiheit wird noch nicht flächendeckend umgesetzt.
- Gemeinsame Geh- und Radwege sind für sehbehinderte Personen ein Problem.
- Die Grünzeiten für Zu-Fuß-Gehende teilweise sind zu kurz.
- E-Scooter-Lenker*innen nutzen Fußwege zur Fortbewegung und zum Abstellen.
- Die Disziplin aller Verkehrsteilnehmer*innen ist ungenügend.
- Der Fokus im Fußverkehr liegt bisher auf einzelnen Gebieten und Straßenräumen wie zum Beispiel der Landstraße.
- Vonseiten der Stadt fehlen bisher klare Vorgaben zur Umsetzung von Maßnahmen.
- Der Straßenraum ist nicht kindergerecht gestaltet.
- Gehwege und Aufenthaltsflächen sind nicht beschattet.
- Bänke, öffentliche Toiletten und Trinkbrunnen fehlen.
Zu den für den Masterplan definierten Zielen zählen:
- Selbstbestimmte Mobilität für alle durch sichere Straßen und Plätze.
- Dichtes Fußwegenetz mit kurzen, direkten und komfortablen Wegen.
- Attraktive und klimaresiliente öffentliche Räume zum Gehen und Verweilen.
- Anreize fürs Zu-Fuß-Gehen durch Bewusstseinsbildung und Mobilitätsmanagement.
Als übergeordnetes Ziel wird eine gerechte Aufteilung des öffentlichen Raums angestrebt. Als Handlungsfelder sahen die Vertreter*innen der Stadtverwaltung insbesondere eine Fachkoordination des öffentlichen Raums, das Überwinden baulicher Barrieren und die Exekution von Verkehrsregeln. Im Handlungsfeld „Subjektives Sicherheitsempfinden im öffentlichen Raum“ sollen Randgruppen im öffentlichen Raum, Unterführungen und stark befahrene Straßen behandelt werden. Ebenso spielt eine kindergerechte Gestaltung des öffentlichen Raums eine große Rolle.
Sitzbank-Konzept als Teil des Masterplans Gehen
Ein wesentlicher Bestandteil des Masterplans Gehen ist die Planung sowie nach und nach die Schaffung von komfortablen Sitzgelegenheiten entlang der Fußwege in Linz. Diese Maßnahme zielt darauf ab, die Aufenthaltsqualität in der Stadt zu erhöhen und besonders Familien sowie älteren bzw. mobilitätseingeschränkten Menschen Erholungsmöglichkeiten zu bieten.
Ziele und Maßnahmen des Sitzbank-Konzepts:
- Erhöhung der Aufenthaltsqualität: Durch das Aufstellen von Sitzbänken an strategischen Punkten sollen attraktive und einladende Aufenthaltsbereiche geschaffen werden.
- Pilotumsetzungen: Im Rahmen des Projekts werden einige Pilotstandorte ausgewählt, um verschiedene Modelle und Platzierungen der Sitzbänke zu testen und deren Wirkung auf die Fußgänger zu evaluieren.
- Barrierefreiheit: Die Sitzgelegenheiten werden so gestaltet, dass sie leicht zugänglich und bequem nutzbar sind, insbesondere für ältere Menschen und Personen mit Behinderungen.
- Beschattung und Grünflächen: In Kombination mit Bänken werden schattenspendende Elemente und Begrünungen vorgesehen, um an heißen Tagen angenehme Aufenthaltsmöglichkeiten zu bieten.
Beispielbild: Sitzstufen und Innovatives Fahrrad-Parkdeck
Fotocredit: Velovio GmbH, Seekirchen am Wallersee
Eine derartige innovative Sitzbank, die an einem der Pilotstandorte in Linz aufgestellt werden kann, zeigt, wie durchdachte Gestaltung zu einer erhöhten Aufenthaltsqualität beitragen kann.
Die Umsetzung des Sitzbank-Konzepts wird begleitet von regelmäßigen Evaluierungen und Feedbackrunden mit der Bevölkerung, um sicherzustellen, dass die Maßnahmen den Bedürfnissen der Bürger gerecht werden.
(Informationsunterlage zur Pressekonferenz mit Mobilitätsreferent Vizebürgermeister Mag. Martin Hajart zum Thema „Zwischenstand des Masterplans Gehen“)
Weitere Gesprächspartner*innen:
Veronika Tambe und Roman Minke, Mobilitätsplanung,
Andrea Weninger, Geschäftsführerin Rosinak und Partner
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