Projekt Schotterabbau in Pichling Die Besonderheiten des Verfahrens
Über merkwürdige Vorgänge rund um die Verfahren für den geplanten Schotterabbau im Linzer Stadtteil Pichling berichtet der Linzer Planungsstadtrat Klaus Luger. Ins Visier des Stadtrates sind vor allem Landesrat Anschober und die in seinem Ressortbereich angesiedelte Landesumweltanwaltschaft geraten. Laut Luger würde diese bei Linzer Planungsvorhaben besonders streng reagieren, während sie im Zusammenhang mit dem geplanten Kieswerk auffallend hohes Verständnis für den Projektbetreiber zur Schau stellte.
So hatte die Stadt Linz weitaus größere Barrieren im Zusammenhang mit dem Wasserrechtsverfahren rund um das Jahrmarktgelände in Urfahr zu überwinden, während dem Antragsteller für die geplante Schottergrube in Pichling trotz der unmittelbaren Nähe zu den Natura-2000-Gebieten der Traun-Donau-Auen, von Naherholungsarealen wie dem Pichlinger See oder dem Weikerlsee und besonders schützenswerten Grundwasserzonen auffallend entgegenkommend und wohlwollend begegnet wird.
Besonderes aus dem Naturschutzverfahren
Zur Rechtslage: Im Naturschutzverfahren verfügt die OÖ. Umweltanwaltschaft (Ressortzuständigkeit: Landesrat Rudolf Anschober) über Parteistellung, hätte also gegen einen positiven Bescheid das Rechtsmittel der Berufung ergreifen können.
Im naturschutzbehördlichen Verfahren hatte der Bezirksbeauftragte für Natur- und Landschaftsschutz ein Gutachten dahingehend abzugeben, ob das geplante Schotterabbauvorhaben erhebliche Auswirkungen auf das Natura 2000-Gebiet Traun-Donau-Auen hervorrufen würde. Dieses sehr umfangreiche Gutachten ergab, dass die Auswirkungen auf die Schutzgüter (Lebensräume, Vögel, Amphibien) als nicht wesentlich einzustufen seien und somit keine erheblich negativen Auswirkungen zu erwarten wären. Bei der naturschutzfachlichen Beurteilung des Projektes selber stellte der Sachverständige ebenfalls keine wesentlichen Beeinträchtigungen fest und konstatierte somit die Genehmigungsfähigkeit im Naturschutzverfahren.
Areal für geplantes Schotterwerk
Die OÖ. Umweltanwaltschaft gab in diesem Verfahren anlässlich der mündlichen Verhandlung vom 4. 2. 2008 lediglich folgende Stellungnahme ab:
„Die Oö. Umweltanwaltschaft verweist auf Befund und Gutachten des Naturschutzbeauftragten. Insbesondere die im Gutachten angeführten Vorschreibungspunkte sind als Auflagen und Bedingungen in den Naturschutzbescheid zu übernehmen. Bei Einhaltung dieses Punktes werden keine weiteren Forderungen aus naturschutzfachlicher Sicht an das beantragte Vorhaben gestellt.“
Zum im Mai 2008 modifizierten Projekt äußerte sich die OÖ. Umweltanwaltschaft wie folgt (Schreiben vom 20. 5. 2008):
„Abseits von dem vorliegenden Projekt möchte die Oö. Umweltanwaltschaft dem Antragsteller mitteilen, dass, würde das Projekt jetzt eingereicht werden, die Oö. Umweltanwaltschaft 100 Prozent der abgebauten Fläche für eine ökologische Nachnutzung einfordern würde. Auf Grund der Tatsache, dass dieses Verfahren bereits seit mehreren Jahren anhängig ist und die Oö. Umweltanwaltschaft zu dem damaligen Zeitpunkt die oben erwähnte Forderung noch nicht erhoben hat, werden keine weiteren zusätzlichen ökologischen Begleitmaßnahmen eingefordert, sofern sich das Projekt in naher Zukunft nicht wesentlich ändert.“
Entgegen der sonstigen Praxis, zu allen umweltrelevanten Punkten Stellung zu nehmen (ungeachtet der verfahrenstechnischen Zuständigkeit), räumte die Umweltanwaltschaft in besagter Stellungnahme ein, das sie sich „…bezüglich Lärm- und Staubemissionen nicht äußern möchte“.
Auch in ihren ergänzenden Stellungnahmen vom 6. 8. 2008 und vom 27. 2. 2009 hat die OÖ. Umweltanwaltschaft keine Einwendungen erhoben.
Außer Acht ließ der Bezirksbeauftragte für Natur- und Landschaftsschutz bei seinem Gutachten vom 4. 2. 2008 jedoch die Beurteilung des Erholungswertes der Grundstücke. Dazu gab dann der Sachverständige Dr. Kutzenberger ein eindeutig negatives Gutachten ab, was letztendlich auch zur Abweisung des Ansuchens in 1. Instanz führte (Ressortzuständigkeit: LHStv DI Erich Haider). Umso erstaunlicher ist es, dass die OÖ. Umweltanwaltschaft bis auf einige wenige lapidare Zeilen dem Projekt keine weitere Aufmerksamkeit schenkt.
Projekte des Linzer Magistrates werden strenger geprüft als Schottergrube
Bei der Beurteilung von Projekten des Linzer Magistrates legt die OÖ. Umweltanwaltschaft durchaus strengere Maßstäbe an. So zum Beispiel im Zusammenhang mit der Neugestaltung des Urfahraner Jahrmarktgeländes. Dieses liegt wohl eindeutig in einer geschlossenen Ortschaft, sodass das Naturschutzgesetz hier gar nicht anwendbar ist. Dennoch hat die OÖ. Umweltanwaltschaft bei der Befestigung der Parkplatzflächen einen naturschutzrechtlichen Bescheid gefordert, ein Feststellungsverfahren beantragt und dieses in erster Instanz verloren. Dagegen erhob die Landesbehörde das Rechtsmittel der Berufung, die in 2. Instanz ebenfalls abgelehnt wurde.
Noch strenger agierte die OÖ. Umweltanwaltschaft, als es um die Beleuchtung des Geh- und Radweges entlang des Jahrmarktgeländes in Urfahr ging. Dabei ergriff die Umweltanwaltschaft gegen den positiven Bescheid der Stadt Linz ebenfalls das Rechtsmittel der Berufung unter dem Hinweis, dass durch die nächtliche Beleuchtung Vögel und andere Kleintiere so erheblich beeinträchtigt würden, dass eine Befristung des Beleuchtungsprojektes gefordert werden müsste. Das Land als zweitinstanzliche Behörde gab dem recht, sodass das Beleuchtungsprojekt tatsächlich nun einer Befristung unterliegt und mit Ende des Kulturhauptstadtjahres wieder abgebaut werden muss.
Grotesk mutet die Einwirkung der Landesumweltanwaltschaft beim aktuellen Projekt der Neuerrichtung der Schnopfhagenstraße in Linz Kleinmünchen an. Diese soll in einer Breite von 5 Metern (plus 1,5 Meter Gehsteig und zusätzlichen 3 Metern Trenngrün) neu ausgeführt werden. Die OÖ. Umweltanwaltschaft bringt nun umfangreiche Einwendungen gegen dieses Straßenprojekt vor und nimmt unter anderem den 3 Meter Trenngrünstreifen „nicht zur Kenntnis“:
„Der unmittelbare und der mittelbare Verlust an Grünstrukturen durch die neue Straße stellt einen wesentlichen Eingriff in Orts- und Landschaftsbild und die Charakteristik dieses Bereichs dar.“
Areal Schnopfhagenstraße Kleinmünchen
Dem sei gegenübergestellt, dass beim Schotterabbaugebiet Pichling auf einer zwischen 3 und 6 Meter breiten Zu- und Abfahrtsstraße den ganzen Tag über Schotter mittels LKW abzutransportieren und Erdreich zur Aufschüttung hinzutransportieren wäre. Und das unmittelbar neben einem der wichtigsten Erholungsgebiete der Stadt Linz. Diese Erschließung sowie das gesamte Schotterabbauvorhaben haben also im Gegensatz zur geplanten Verlegung der Schnopfhagenstraße aus der Sicht der OÖ. Umweltanwaltschaft keine wesentlichen Auswirkungen!
Besonderes aus dem Wasserrechtsverfahren
Das Wasserrechtsverfahren wurde zuständigkeitshalber vom Amt der OÖ. Landesregierung erstinstanzlich abgewickelt. Dabei wurden die Sachverständigen der Stadt Linz zwar gehört, deren Argumente wurden aber von den Sachverständigen des Landes für Abfallchemie und Wasserbautechnik verworfen oder wesentlich abgeschwächt.
Städtische Gutachten weitgehend abgelehnt bzw. stark abgeschwächt
So liegt das Schotterabbaugebiet ziemlich genau nördlich des Pichlinger Sees, durch welchen das Grundwasser in nordöstlicher Richtung abfließt. Laut vorliegendem Projekt soll Schotter abgebaut werden und die entstehenden Gruben sollen mit Erdaushubmaterial wieder befüllt werden. Dadurch entsteht eine wesentliche Verdichtung des Bodens, was wiederum eine Durchlässigkeit des Grundwassers behindert. Dadurch wird eine Durchströmung des Pichlinger Sees erschwert oder sogar teilweise unterbunden. Es könnte sogar zu einem Rückstau kommen.
Aus wasserbautechnischer Sicht wäre daher zu fordern, die ausgebaggerte Wasserfläche als solche zu belassen und von einer Wiederauffüllung Abstand zu nehmen. Dies widerspricht jedoch dem laut Mineral-Rohstoff-Gesetz(MinRoG) vorgelegten Projekt. Wäre die Behörde des Landes den Argumenten des städtischen Sachverständigen gefolgt, so hätte sie das vorliegende Projekt abweisen müssen und statt dessen ein Projekt fordern müssen, das von einer Wiederbefüllung Abstand nimmt.
Statt dessen wurde das Projekt erstinstanzlich vom Land genehmigt. Für den Fall der Genehmigung hatte der städtische Sachverständige als Auflage gefordert, dass, wenn schon Material in die Aushubgruben eingebracht würde, dieses zumindest die Bodenklasse A2G (besonders hochwertiges Aushubmaterial) aufweisen müsse. Diese Forderung war angeblich auch im ursprünglichen Gutachten des Landessachverständigen enthalten, wurde aber dann im Laufe der Verhandlung abgeschwächt. In den aktuellen Auflagen wäre eine Durchmischung des einzubringenden Materials mit minderwertigem Aushubmaterial gestattet, was unter Umständen zu einer Grundwasserbeeinträchtigung führen könnte.
Weiters hätte laut Meinung des Linzer Sachverständigen im Wasserrechtsbescheid vorgeschrieben werden müssen, ab welchem Hochwasserpegel der Donau bzw. der Traun die Anlage abgebaut werden muss (um das Grundwasser nicht zu verunreinigen). Eine solche Auflage ist im Wasserrechtsbescheid unterblieben und konnte nur im MinRoG-Verfahren durch den Linzer Sachverständigen hineinreklamiert werden. Insgesamt gesehen ist das Wasserrechtsverfahren des Landes offensichtlich äußerst betreiberfreundlich abgelaufen.
Besonderheiten aus dem MinRoG-Verfahren
Im MinRoG-Verfahren war unter anderem zu prüfen, ob das Projekt den Raumordnungsgrundsätzen sowie der Flächenwidmungsplanung und Entwicklungsplanung entspricht. Hier wurde ein eindeutiger Widerspruch von der örtlichen Raumordnung (Stadt Linz) festgestellt. Nichts desto Trotz hat sich die Vertreterin des Landes Oberösterreich als Sachverständige der überörtlichen Raumordnung (Ressortzuständigkeit: Landesrat Viktor Sigl) massiv für das Projekt eingesetzt. Ebenso hat sich das wasserwirtschaftliche Planungsorgan des Landes (Ressortzuständigkeit: Landesrat Rudolf Anschober) bei der MinRoG-Verhandlung ausdrücklich für das Projekt ausgesprochen.
Die Stellungnahme der überörtlichen Raumordnung ist deswegen außergewöhnlich, weil sämtliche Vorhaben der Stadt Linz, die einer Flächenwidmungsplan- bzw. Entwicklungskonzeptänderung bedürfen, immer äußerst kritisch und eher einschränkend gesehen werden.
Städtische Planungsänderungen werden restriktiv behandelt
So zum Beispiel bei der Erlassung von Raumordnungsprogrammen als Grundlage für die Widmung von „Gebieten für Geschäftsbauten“ im Flächenwidmungsplan. Hier darf die Stadt eine Flächenwidmung erst vornehmen, sobald das Land ein Raumordnungsprogramm erlassen hat. Für die geplante Erweiterung des Interspars in der Industriezeile wartet die Stadt Linz nun, seit 7 Jahren (!) auf eine derartige Verordnung. Hier werden immer neue Argumente im Hinblick auf die so genannte „Seveso II-Problematik“ gefunden, um das Projekt zu verzögern, obwohl das Land hier eine Verordnungspflicht hätte.
Als anderes Beispiel sei die Forderung des Landes zu nennen, in Bebauungsplänen einen so genannten „Waldperimeter“ (= unbebaubare Schutzzone im Bauland, die das Bauland vor Wäldern schützt, nicht umgekehrt!), obwohl die Waldeigenschaft nach Forstrecht oftmals gar nicht gegeben ist (z. B. Bebauungsplan Breinbauerweg N 34-20-01-00). Hier wird dem Baulandeigentümer quasi eine faktische „Teilenteignung“ seines Grundstückes aufoktroyiert, anstatt beim Verursacher (= dem Eigentümer der Bäume) anzusetzen.
Zuständigkeiten für zweitinstanzliche Verfahren
Mit Spannung blickt Stadtrat Luger auf diverse zweitinstanzliche Verfahren, nachdem der Projektbetreiber Einsprüche angekündigt hat. Bereits zu Gunsten der Schotterabbauer ist in 2. Instanz das wasserrechtliche Verfahren durch das Umweltministerium (Ressortverantwortlicher Minister Dr. Nikolaus Berlakovich) entschieden worden.
Ein allfälliger Einspruch gegen den negativen Naturschutzbescheid würde in 2. Instanz von der Naturschutzbehörde des Landes (Ressortverantwortlicher: LHStv DI Erich Haider) zu verantworten sein. Die Beeinspruchung des erstinstanzlich negativen forstrechtlichen Stadt-Bescheides würde auf Landesebene im Kompetenzbereich von Dr. Josef Stockinger behandelt werden.
Besonders gespannt blickt Luger auf den Kernpunkt, das MinRoG-Verfahren. In 2. Instanz ist nämlich Umweltlandesrat Anschober am Zug. „Ich bin gespannt, ob Herr Anschober die Argumente der Stadt Linz im MinRoG-Verfahren ebenso vom Tisch wischt wie im wasserrechtlichen Verfahren. Wenn dieselben strengen Maßstäbe angelegt werden wie in Änderungsanträgen der Stadt Linz, dann müsste der negative Bescheid der Stadt aus der 1. Instanz bestätigt werden und der Schotterabbau endgültig vom Tisch sein“, sagt der Linzer Planungsstadtrat Klaus Luger.
(Informationsunterlage zur Pressekonferenz zum Thema „Das Verfahren rund um den Schotterabbau in Pichling und seine Besonderheiten“ mit Planungsstadtrat Stadtrat Klaus Luger)