Wien – Oslo – Auschwitz - Das kurze Leben der Ruth Maier Ausstellung in Einfacher Sprache, Standarddeutsch und Englisch an der Volkshochschule Linz im Wissensturm
- Niederschwelliger Zugang zur Holocaust Education
Die Volkshochschule Linz zeigt von 4. November bis 20. Dezember 2024 die Ausstellung „Das kurze Leben der Ruth Maier“ im Wissensturm. Diese Ausstellung beleuchtet das Schicksal der 1920 in Wien geborenen Ruth Maier, die 1942 in Auschwitz ermordet wurde. Besonders hervorzuheben ist die Aufbereitung der Ausstellung in Einfacher Sprache, Standarddeutsch und Englisch, um möglichst vielen Menschen den Zugang zu ihrer Geschichte und zur Holocaust Education zu ermöglichen. Die Ausstellung wurde in Kooperation mit dem Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW) und den Wiener Volkshochschulen überarbeitet und bietet somit einen barrierefreien Zugang zu einem wichtigen Teil der österreichischen Geschichte.
„Es ist bestürzend und beschämend, dass weltweit und auch in Österreich Antisemitismus massiv zunimmt. Unsere Aufgabe und Verpflichtung ist es, dem entschieden entgegenzutreten. In der Volkshochschule Linz wollen wir deshalb bei unseren Bildungsangeboten einen Schwerpunkt setzen. Mit der Ausstellung in Einfacher Sprache, Standarddeutsch und Englisch sowie mit den niederschwelligen Vermittlungsangeboten möchten wir möglichst viele Menschen in Linz erreichen. Ich bedanke mich bei allen Kooperationspartner*innen, die uns das ermöglichen“, betont Bildungsstadträtin Mag.a Eva Schobesberger.
Die Ausstellung ist eine Kooperation zwischen der Volkshochschule Linz, dem Verband Österreichischer Volkshochschulen, den Wiener Volkshochschulen und Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW). Sie wird gefördert durch Mittel des Nationalfonds und des Zukunftsfonds der Republik Österreich.
Das Schicksal der in Wien geborenen Ruth Maier
Ruth Maier wurde 1920 in Wien als Tochter des Vorsitzenden der Postgewerkschaft, Ludwig Maier, in einer assimilierten jüdischen Familie geboren. Als Jugendliche begann sie Tagebücher zu schreiben. An ihrem 18. Geburtstag wurde sie Zeugin der Gewaltexzesse des Nazi-Mobs während des Novemberpogroms 1938.
Ruth Maier, die zuvor keinerlei Beziehung zum Judentum hatte, begann in ihrem Tagebuch eine Auseinandersetzung über ihre Identität. Verjagt von der Schule, delogiert aus der Gemeindewohnung, ohne jede Zukunft im NS-beherrschten Österreich, fand sie im Jänner 1939 Zuflucht in Norwegen. Im November 1942 lieferte die norwegische Polizei sie an die Nationalsozialisten aus. Gemeinsam mit Hunderten norwegischen Jüdinnen und Juden von Oslo nach Auschwitz deportiert wurde sie dort am 1. Dezember 1942 ermordet. Kaum jemand in Österreich kennt Ruth Maier. Ihre Tagebücher und Briefe sind seit 2014 Teil des UNESCO-Weltdokumentenerbes (Memory of the World).
Ruth Maier im Arbeitsdienstlager im Sommer oder Herbst 1941. Foto: Alle Rechte vorbehalten, Norwegisches Holocaustforschungszentrum "HL-senteret"
Ausstellung von 4. November – 20. Dezember 2024 im Wissensturm, Foyer Erdgeschoß
Von 4. November bis 20. Dezember 2024 ist an der VHS Linz die Ausstellung "Das kurze Leben der Ruth Maier" zu sehen. Die Ausstellung erzählt die Geschichte der jungen Frau in Einfacher Sprache, Standarddeutsch und Englisch.
Das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW) und die Wiener Volkshochschulen haben 2022 eine bestehende Ausstellung zu Ruth Maier umfassend überarbeitet. Gemeinsam mit Teilnehmer*innen der Basisbildung und des Pflichtschulabschlusses wurde eine Übersetzung in Einfache Sprache erstellt. Damit soll die Ausstellung einen möglichst niederschwelligen Zugang zur „Holocaust Education“ bieten. Auf Initiative des Verbands Österreichischer Volkshochschulen (VÖV) ist die Ausstellung nun unterwegs durch Österreich.
Die Ausstellung und das Begleitprogramm im Wissensturm in Linz ist eine Kooperation von Volkshochschule Linz, Verband Österreichischer Volkshochschulen und Die Wiener Volkshochschulen. Sie wird gefördert aus Mitteln des Nationalfonds der Republik Österreich und des Zukunftsfonds der Republik Österreich.
An der Volkshochschule Linz sind Führungen oder Workshops für Gruppen nach Verfügbarkeit möglich. Anfragen per E-Mail: rainer.rathmayr@mag.linz.at
Ausstellungseröffnung
Die Eröffnung der Ausstellung findet am Mittwoch, 6. November 2024, um 19 Uhr, im Wissensturm, Vortragssaal E.09 statt. Der Eintritt frei, Anmeldungen sind erbeten.
Programm:
- Eröffnung durch Bildungsstadträtin Mag.a Eva Schobesberger
- Einführung durch Dr. Winfried R. Garscha, Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands
- „Das Leben könnte gut sein.“ Lesung aus Tagebüchern Ruth Maiers
- Führung durch die Ausstellung
Schulung für Multiplikator*innen - Workshops zur Ausstellung
In einer Zusammenarbeit von den Wiener Volkshochschulen und dem Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW) wurde ein Workshop zur niederschwelligen, breiten Vermittlung der Ausstellung erarbeitet.
Der Workshop eignet sich besonders gut zur „Holocaust Education“ in der Basisbildung, in Pflichtschulabschlusskursen, in DaZ-Kursen, aber auch in der Sekundarstufe 1 und 2. Er ermöglicht die Verknüpfung historischer Vermittlung mit aktuellen Fragestellungen, auch (aber nicht nur) entlang eigener Migrations- bzw. Fluchterfahrungen. Er kann auch gut vor dem Hintergrund unterschiedlicher Sprachniveaus und historischer Wissensstände durchgeführt werden.
Im Rahmen einer Schulung für Multiplikator*innen am Montag, 4. November 2024, an der VHS Linz (für Erwachsenenbildner*innen, Lehrer*innen, etc.) wird das Workshopkonzept und -material präsentiert, so dass Multiplikator*innen selbstständig mit Gruppen Workshops zur Ausstellung durchführen können. Die Teilnahme ist kostenlos, Anmeldung erforderlich.
Das Grundbildungszentrum der Volkshochschule Linz
Mit dem ersten Grundbildungszentrum Österreichs setzt die VHS Linz auf jahrelange Erfahrung in der Entwicklung und Durchführung kostenloser und geförderter Grundbildungsangebote für Jugendliche und Erwachsene. Die Angebote reichen von Alphabetisierung über den Erwerb beziehungsweise die Erweiterung von Basiskompetenzen bis hin zum Nachholen des Pflichtschulabschlusses.
Die VHS sieht es als wichtige Aufgabe, Erwachsenen neue Wege zum Erwerb von Grundkompetenzen und Bildungsabschlüssen zu eröffnen. Dabei versteht sie sich als offener, demokratischer Ort für alle Menschen unabhängig von Alter, Vorbildung, Herkunft oder besonderen Lernbedürfnissen.
Mit dieser Ausstellung zur Lebensgeschichte Ruth Maiers in Einfacher Sprache, Standarddeutsch und Englisch sowie mit den niederschwelligen Vermittlungsangeboten macht das Grundbildungszentrum der VHS Linz Bildung zur österreichischen Geschichte, insbesondere zum Holocaust und Menschenrechtsbildung, für alle Menschen in Linz zugänglich.
Die Ausstellung - Das Vermittlungskonzept - Die Entstehung und Hintergründe
In Gruppen, Schulklassen, Kursen etc. über den Holocaust, über Auschwitz zu reden, ist für alle herausfordernd – Lernende und Unterrichtende. Besonders für Menschen mit keiner oder wenig formaler Bildung sind Vermittlungsangebote oftmals zu hochschwellig. Sie bleiben auf der Ebene von Faktenvermittlung und können nur schwer an das Vorwissen und eigene Erfahrung der Lernenden anknüpfen. In einer Migrationsgesellschaft und angesichts immer weniger Zeitzeug*innen braucht es hier eine Neuorientierung.
Eine Ausstellung in Einfacher Sprache, Standarddeutsch und Englisch - Niederschwellig und einfach zugänglich
Mit einer Ausstellung in Einfacher Sprache, Standarddeutsch und Englisch und dazugehörigen Workshops versuchen der Verband Österreichischer Volkshochschulen (VÖV), die Wiener Volkshochschulen und das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW), diesen Herausforderungen auf innovative Weise zu begegnen und einen niederschwelligen Zugang zur Holocaust Education zu bieten.
Partizipative Gestaltung mit Kursteilnehmer*innen der Volkshochschulen
Sowohl die Adaptierung der Ausstellung in Einfache Sprache als auch die Workshopkonzeption erfolgte in einem partizipativen Prozess mit Kursteilnehmer*innen der Basisbildungskurse & Pflichtschulabschlusslehrgänge der Wiener Volkshochschulen.
Workshops zur Vermittlung: Geschichte und Lebensgeschichte, Menschenrechtsbildung
Der Fokus richtet sich auf Menschen mit Flucht- und Migrationshintergrund bzw. mit wenig formaler Schulbildung (in Österreich). Die Workshops zur Ausstellung wurden mit mehreren Kursgruppen aus Angeboten für Basisbildung & Pflichtschulabschluss der Wiener Volkshochschulen entwickelt und erprobt.
Ausstellung und Workshops versuchen entlang der konkreten Lebensgeschichte von Ruth Maier und ihrer Familie einen Zugang zu strukturgeschichtlichen Zusammenhängen zu ermöglichen. Über die konkrete persönliche Geschichte soll ein Verständnis für allgemeinere historische Entwicklungen entstehen. Gerade für junge Menschen mit Fluchthintergrund (aber nicht ausschließlich) bieten sich Anknüpfungspunkte zur eigenen Lebenswelt. Gemeinsamkeiten und Unterschiede in der Erfahrungswelt können damit spür- und sichtbar gemacht werden.
Flucht und der Umgang mit geflüchteten Menschen stellen über die vergangenen Jahrzehnte zentrale Themen in der weltweiten, europäischen und österreichischen gesellschaftlichen Debatte dar. Vor dem Hintergrund historischer Erfahrungen und Entwicklungen können aktuelle Diskussionen neu eingeordnet und beurteilt werden. Auch werden beim Thema Flucht Kristallisationspunkte in der Menschenrechtsdebatte sichtbar, da hier Menschenrechte umfassend und in all ihren Facetten zur Diskussion gestellt und letztlich gewährt, aber auch verweigert werden. Die universelle Bedeutung der Menschenrechte wird hier anhand vielfältiger Themen verhandelt.
Ausstellung & Multiplikator*innen-Schulungen "on tour" in den österreichischen Volkshochschulen
Seit der Vernissage der Ausstellung im November 2022 in Wien ist die Ausstellung regelmäßig für eine breite Öffentlichkeit zugänglich. In einer vom Verband Österreichischer Volkshochschulen (VÖV) initiierten Kooperation mit den Wiener Volkshochschulen und dem DÖW ist die Ausstellung von Frühjahr 2024 bis Herbst 2025 an mehr als zehn VHS-Standorten österreichweit zu sehen.
Gleichzeitig werden auch Multiplikator*innen-Schulungen (für Erwachsenenbildner*innen, Lehrer*‘innen, etc.) vor Ort organisiert, um das Workshopkonzept und -material zur Ausstellung zu präsentieren.
Infos und Anmeldung hier
Weitere Informationen zu Ausstellungsdaten, zum Gesamtprojekt und die Workshopbroschüre zum Download https://www.vhs.or.at/themen/demokratie-und-wissenschaftsbildung/das-kurze-leben-der-ruth-maier
Informationsunterlage zur Pressekonferenz mit Bildungsstadträtin Mag.a Eva Schobesberger zur VHS-Ausstellung „Das Leben der Ruth Maier“)
Weitere Gesprächspartner:
mit Historiker Dr. Winfried R. Garscha, Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW)
Dr. John Evers, Generalsekretär des Verbands Österreichischer Volkshochschulen
Rainer Rathmayr, BA MA, Fachbereichsleiter in der Volkshochschule Linz
Fotos
Dieses Werk ist unter einer Creative Commons-Lizenz lizenziert.
Die Veröffentlichung der Bilder ist für Medien honorarfrei, jedoch nur mit Fotonachweis. Falls nicht anders angegeben ist anzuführen: "Foto: Stadt Linz". Bei gewerblicher Nutzung bitten wir um Kontaktaufnahme.