„Solange aus Liebe mit einem Schlag Gewalt wird, bin ich Feminist:in“ Linzer*innen sind in großer Zahl dem Aufruf zur Partizipation gefolgt
Die Tiroler Künstlerin Katharina Cibulka hat am 14. März ein Baugerüst am Gebäude der Kunstuniversität Linz am Hauptplatz 8 (donauseitig) mit einem ganz besonderen Gerüstnetz behängt. Das Netz ist im Kreuzstich von Hand bestickt und zeigt deutlich sichtbar in pinken Buchstaben den Satz: „Solange aus Liebe mit einem Schlag Gewalt wird, bin ich Feminist:in“.
Die Baustelle mit Baugerüst verweist auf eine klassisch männlich konnotierte Domäne, im Gegensatz dazu steht die klassisch weibliche Handarbeit des Stickens: Im Verbund wird eine wichtige Botschaft in der oberösterreichischen Landeshauptstadt transportiert, die das ganze Land betrifft. Gewalt gegen Frauen und Mädchen - ob in Beziehungen, am Arbeitsplatz, physisch oder psychisch, betrifft die gesamte Gesellschaft, weil sie in allen sozialen Schichten, unabhängig von Herkunft und Religion vorkommt, und Frauenleben zerstört. Als offene, fortschrittliche Gesellschaft müssen wir uns klar gegen jede Form der Gewalt gegen Mädchen und Frauen positionieren. Grundvoraussetzung dafür ist Geschlechtergerechtigkeit.
Als Kunst- und Zukunftswerkstatt sieht es die Kunstuniversität Linz als ihre Pflicht, dem Thema Raum zu geben. Realisiert wird das Projekt gemeinsam mit dem städtischen Frauenressort, wo Gewaltprävention auf verschiedenen Ebenen ein Arbeitsschwerpunkt ist. Untersuchungen von Statistik Austria bestätigen die Dringlichkeit, konkrete Maßnahmen zu setzen. Sie zeigen, dass über 23 Prozent der Frauen und Mädchen über 15 Gewalt erfahren haben, von sexueller Belästigung am Arbeitsplatz berichten fast 27 Prozent der Frauen; das sind Zahlen, die zum Handeln führen müssen. Durch die Installation von Katharina Cibulka gelingt es, dieses Problem in großem Maßstab sichtbar zu machen.
Katharina Cibulka erregt seit 2018 mit ihrem SOLANGE-Projekt große Aufmerksamkeit im öffentlichen Raum und stößt mit ihren Botschaften wichtige Diskussionen an. In Linz wird ein 300 m2 großes Gerüstnetz installiert. SOLANGE war neben mehreren österreichischen Städten auch in Freiburg, Köln, Ljubljana, Vierzon und Rabat in Marokko präsent. Einen absoluten Höhepunkt bildete im Oktober 2022 die Installation eines 600 m2 großen SOLANGE Netzes am „National Museum of Women in the Arts“ in Washington D.C., welches gerade renoviert und im Herbst 2023 wiedereröffnet wird.
Nun holt die Kunstuniversität gemeinsam mit dem städtischen Frauenbüro das interaktive und partizipative Kunstprojekt nach Linz. Mit einer gemeinsamen Aktion anlässlich der Eröffnung des 50-Jahr-Jubiläums der Kunstuniversität wird das SOLANGE Netz Nr. 28 am Gebäude Hauptplatz 8 auf der zur Donau gerichteten Seite enthüllt werden - als weithin sichtbares Zeichen der Solidarität von Kunst, Wissenschaft und Hochschule und Frauenressort mit den von Gewalt betroffenen Mädchen und Frauen.
„Ich bedanke mich bei Katharina Cibulka und der Kunstuniversität, dass wir mit dem Linzer SOLANGE Netz Gewalt gegen Frauen an einem so prominenten Ort im öffentlichen Raum thematisieren können. Jede dritte Frau zwischen 18 und 74 Jahren in Österreich hat laut Studie der Statistik Austria ab dem Alter von 15 Jahren körperliche und/oder sexuelle Gewalt erlebt. Frauenmorde sind die folgenschwerste Eskalation von patriarchalischen Mustern und von männlichem Besitz- und Anspruchsdenken. Das können wir als Gesellschaft nicht hinnehmen und müssen auf allen Ebenen und so auch mit künstlerischen Interventionen wie diesen an einer tatsächlichen Gleichstellung der Geschlechter arbeiten. Geschlechtergerechtigkeit ist der Schlüssel zur Gewaltfreiheit“, so Frauenstadträtin Eva Schobesberger.
„Solange aus Liebe mit einem Schlag Gewalt wird, bin ich Feminist:in“: Dieser starke Satz in der aktuellen Kunstaktion von Katharina Cibulka spricht ein drängendes Problem an, das alle sozialen Schichten in Österreich und weltweit betrifft. Es geht um das Thema Gewalt an Frauen. Der allgegenwärtigen Betroffenheit müssen noch viele konkrete Schritte folgen, um Übergriffen aller Art entgegenzuwirken – auch dafür steht der Satz, der auf Grund von vielen Einsendungen der Linzer:innen gewählt wurde. Die Kunstuniversität Linz gibt mit dem Netz auf der Hausfassade einem wichtigen Kunstprojekt und einem oft tabuisierten gesellschaftlichen Thema Platz“, betont Brigitte Hütter, Rektorin der Kunstuniversität Linz.
„Ich denke, wir müssen bei Maßnahmen gegen Gewalt an Frauen und Mädchen an zwei Enden ganz konkret ansetzen: auf einer privaten und einer gesellschaftspolitischen Ebene. Sprachlosigkeit, die in Gewalt mündet, wird erlernt wie andere Werte und Einstellungen in Familien auch. Wir brauchen positive (männliche) Vorbilder, Role Models, Erziehende, die unseren Burschen vermitteln, wie respektvolle Konfliktlösung funktionieren kann – im Gegensatz zu destruktiver Macht- und Kontrollausübung. Mit SOLANGE wollen wir die Diskussion darüber in den öffentlichen Raum bringen, um nachhaltige Lösungen zum Schutz von Mädchen und Frauen anzuregen“, sagt Künstlerin Katharina Cibulka.
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